Über uns
Die Geschichte der MKO
Bei aller mühevoller Arbeit, bei Sorgen und Plagen des Alltags gehörte es seit jeher zum Menschsein, daß dieser lacht, tanzt und feiert. Gerade das Kirchenjahr bot dem einfachen Volk immer
wieder Gelegenheit, durch Feste den harten Alltag erträglicher zu machen. Und was wäre ein Fest ohne die Musik?
Wollen wir nun von der Heimatgeschichte ausgehend - diese einfließen lassen in die Musikgeschichte unserer Oberthingauer Kapelle.
Als sich unsere Gegend langsam von den verheerenden Folgen des 30jährigen Krieges erholt hatte und schon wieder Mannschaften gegen einfallende Türken stellen mußte, fällt mitten hinein in
diese unruhige Zeit die erste schriftliche Erwähnung musikalischen Lebens unserer Heimatgemeinde.
In der "Heyl-Rechnung" von 1698 finden wir einen Beleg über die angefallenen Kosten der Orgelreparatur in Höhe von 2 Gulden in der inzwischen barockisierten Pfarrkirche. Trotz wirtschaftlicher (eine
Ochsenpest tötete nahezu alle Tiere) und politischer Probleme (Franzosen), fanden sich doch immer wieder Männer zusammen, die mit ihrer Musik den Kirchenfesten des Jahres den gebührenden Rahmen
gaben. 1734 finden wir erstmals eine Verzehr-Rechnung der neun Musikanten zum Fronleichnamsfest sowie zum St. Max- und St. Lorenzfest.
Fortan wurde jedes Jahr das Hochfest "Corpus Christi", sowie andere Festtage von ortsansässigen Musikanten gestaltet. Dies belegt eine exakte Aufzeichnung aus dem Kirchenrechnungsbuch. Sogar als
Napoleon sein Unwesen trieb und die Franzosen horrende Geldsummen und Naturalien von den Bauern forderten, war die Liebe zur Musik ungebrochen.
Als die Befreiungskriege im Allgäu tobten, berichtet die Chronik sogar vom Ausleihen von 3 Musikanten aus den Nachbargemeinden (die Lehrer von Unterthingau, Görisried und Geisenried), damit die
Tradition der Gestaltung von Festgottesdiensten nicht unterbrochen werden mußte. Zur Zeit der Säkularisation, als alle geistlichen Besitztümer (z.B. auch das Choralarchivar) in weltlichen Besitz
übergingen und das ehem. fürstkemptische Pflegamt Thingau nun Bayern zufällt schreibt ein Pfarrer dazu: "Wir sind also nun bayerisch, Gott Gnade uns allen".
Für die Musikentwicklung war in diesen Jahren vor allem von Bedeutung, daß - bedingt durch die Trennung von Kirche und Staat - sich ein deutlicher Wandel in der Musikgeschichte vollzog. Es ist
eindeutig, daß - wie überall - sich auch bei uns die heutige Blasmusik aus der Kirchenmusik entwickelte.
Ausbilder und Förderer der Blasmusik waren in drei Generationen (ab 1759) die Lehrer Weiß. Josef Weiß war Organist und Leher in Oberthingau auf Haus-Nr. 21 (heute Kirchberg 7).
Ab 1820 vermehrten sich die musikalischen Auftritte unserer Musikanten. Besonders "bessere" Leute ließen es sich nicht nehmen, daß z.B. bei Hochzeiten von der Musik aufgespielt wurde. Auch von 1829
haben wir Nachweise für das öffentliche Auftreten der Musikanten zu Oberthingau. Es handelt sich dabei um Abgaben an die Armenkasse "... für Tanzmusik spielen" von jeweils 4 Gulden pro Auftritt. So
flossen immermehr weltliche Musikstücke in das Repertoire der Blaskapelle ein, und sie wurde unentbehrlich bei allen Festen und Feiern.
Wir schreiben das 19. Jahrhundert, die Zeit der Romantik. Das Schloß Neuschwanstein wird gebaut, Wagner, Lortzing und Verdi veröffentlichen ihre großen Musikwerke und es ist die Zeit der Instrumentenbauer, welche eine nie dagewesene Klangausweitung hervorbrachten. All diese Fortschritte förderten die Lust und die Freude an der Musik auch in unserer Gemeinde. Immer wieder lesen wir von Belustigungen, aber auch von Festgestaltungen durch die Musikanten. Vor allem unter dem Dirigenten Georg Wiedemann (1864) erreichte die Musikkapelle ein beachtliches Niveau, das auch den gehobenen Ansprüchen der umliegenden Bevölkerung gerecht wurde. So stand im Kaufbeurer Tagblatt am 25.5.1875 folgendes:
Zur Wirtschaftseröffnung in Unterthingau spielt die Oberthingauer Musik. Einlader Johann Henseler".
Oder am 3.7.1879 :
"Postkeller Bießenhofen. Bei günstiger Witterung am Ulrichstag, bei ungünstiger am 6.7. Musikproduktion der Oberthingauer Musik. Anfang nachmittags 2 Uhr".
Oder am 25.7.1879:
"Die Oberthingauer Musikgesellschaft spielt am 27. Juli im Post keller Bießenhofen Unterhaltungsmusik".
Und am 30.6.1882:
"Am Sonntag den 2.7. nachmittags findet bei Unterzeichnetem durch die Oberthingauer Musikkapelle
Musikproduktion statt. Es ladet freundlich ein, Xaver Martin, Gastwirt in Geisenried".
Während Bismarck in Versailles Weltgeschichte machte und das 1. Vatikan-Konzil die Unfehlbarkeit des Papstes beschloß, trat bei uns Kalistus Wiedemann in die Fußstapfen seines Vaters und
nahm (mit Unterbrechungen) für 35 Jahre die Leitung der Kapelle in die Hand. Zahlreiche Einladungen in die nähere und weitere Umgebung beweisen seine musikalischen und pädagogischen Fähigkeiten.
Unter den Dirigenten Wiedemann, A. Mair und A. Hefele wurde unsere Blasmusik bis zum 1. Weltkrieg geführt. Danach erlosch das Musikerleben leider auch in unserer Gemeinde.
Ab 1919 übernahm der begabte Tenorhornspieler und Militärmusiker Georg Holderied das Geschick der heimgekehrten Musikanten und das der Musikanfänger. Während des 2. Weltkrieges konnte, bedingt durch
den Mangel an Musikern, nur eine kleine Seniorengruppe die Hochfesttage im Dorf verschönern. Danach wirkte Holderied wieder unermüdlich bis zu seinem Tod im Jahre 1954 und brachte die Kapelle wieder
auf ein beachtliches Niveau. Georg Holderied starb im 58. Lebensjahr nach 36jähriger Dirigentenzeit.
Ab 1955 übernahm Alfred Rothärmel die Weiterführung der Kapelle. Unter seiner Leitung wurde 1960 das 5. Bezirksmusikfest mit 21 Kapellen in Oberthingau durchgeführt und 1965 die Anschaffung einer neuen Tracht ermöglicht. Unvergessen wird der Zweitagesausflug nach Villingendorf im Schwarzwald (1968) bleiben, wo Musikantenfreundschaften geschlossen wurden, die bis heute bestehen.
1969 und 1979 fuhr die Musikkapelle nach Werwik/Belgien zur musikalischen Umrahmung der Sommerkirmes und leistete damit einen lebendigen Beitrag der Völkerverständigung. Noch im selben Jahr erlebte Alfred Rothärmel einen Höhepunkt in seinem musikalischen Leben, als er zum Vizepräsident des Allgäu-Schwäbischen Musikbundes gewählt wurde. Nach 32jährigerTätigkeit endete 1987 seine ära als Dirigent. Nach langem schwerem Leiden verstarb Alfred Rothärmel am 13.Juli 1990 und wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in Marktoberdorf zu Grabe getragen.
Am 12. Juni 1987 wurde der Verein ,,Musikkapelle Oberthingau eV." mit aktiven und fördernden Mitgliedern gegründet.
Fortsetzung folgt.......